Die Initiative Stolpersteine für Langen wurde im Juni 2006 gegründet. Etwa 20 Menschen verschiedenster politischer und religiöser Richtung fanden sich zusammen, um ein Zeichen der Erinnerung an die Langener Opfer des Nationalsozialismus zu setzen und deren Geschichte vor dem Vergessen zu bewahren.
In regelmäßigen Treffen wurde die Verlegung der Steine vorbereitet. Der Kontakt zu dem Initiator der Stolpersteine, dem Künstler Gunter Demnig, wurde aufgenommen und Inhalte sowie Termine mit ihm abgestimmt. Hauptarbeit war die Recherche der Biografien der Opfer, von denen oft nur nur Name, Geburts- und Sterbedatum bekannt waren. Archive mussten aufgesucht und Akten gewälzt, Zeitzeugen befragt und Zeitungen durchsucht werden.
Die Ergebnisse wurden in Familien-Portraits zusammengefasst und diese – mit den gesammelten Materialien, in einer Ausstellung veröffentlicht.
Vor jeder Verlegung wurde auf einer Informationsveranstaltung und einer Pressekonferenz ausführlich über unsere Aktion informiert. Durch die zahlreichen Artikel in der örtlichen Presse waren unsere Veranstaltungen und Verlege-Aktionen immer gut besucht.
Alle Steine wurden durch Patenschaften finanziert. Neben Einzelpersonen haben auch Vereine, Schulklassen und Firmen Patenschaften übernommen. Eine Patenschaft kostete 95.- Euro (später 120,- €); auch Teil-Patenschaften waren möglich.
Zwischen 2007 und 2014 wurden bei sechs Verlege-Aktionen 87 Stolpersteine verlegt: 81 für jüdische Opfer, vier für politische Opfer und zwei für Opfer der Euthanasie.
Bei den jüdischen Opfern sollten auch die Überlebenden einen Stein bekommen, denn sie hatten – außer ihrem Leben – alles verloren: Heimat und meist auch Freunde, Verwandte, Vermögen, oft die Gesundheit.
Bei den politischen Opfern beschränkten wir uns auf Menschen, die durch die Nazis zu Tode kamen. Hätte man alle, die durch die Nazis „nur“ durch Freiheitsentzug, körperliche Brutalität, berufliche Nachteile und sonstige Schikanen zu Opfern geworden waren, mit einem Stein bedenken wollen, so hätte das die Arbeit der Gruppe gesprengt.
Zwei Steine wurden verlegt für Opfer der sogenannten Euthanasie. Gerade über diese Opfergruppe war fast nichts öffentlich bekannt, wurde das Thema doch selbst in den betroffenen Familien meist nicht offen angesprochen. Für ein weiteres Euthanasieopfer, eine junge Frau, wurde bereits 2008 ein Stolperstein verlegt – als jüdisches Opfer. Dass ihr früher Tod im Alter von 32 Jahren von den Nazis in einer „Heilanstalt“ herbeigeführt worden war, war zu dem Zeitpunkt noch nicht bekannt.
Die weitere (sehr schwierige) Recherche ergab, dass insgesamt mindestens zehn Personen aus Langen im Rahmen der Euthanasie umgebracht wurden. An ihnen hat der Nazi-Staat die Massentötung von Menschen mit Hilfe von Gaskammern „erprobt“. Die meisten starben 1941 im hessischen Hadamar.
Von vielen dieser Menschen konnte nicht mit Sicherheit ihre letzte Wohnstätte in Langen ermittelt werden. Deshalb wurde für sie kein Stolperstein verlegt. Stattdessen wurde für alle bekannten Euthanasieopfer eine Gedenktafel an der Friedhofsmauer angebracht. Sie sollen, wenigstens im Nachhinein, ihren Weg zur letzten Ruhestätte finden.
Ein kaum erforschtes Thema ist die Zwangssterilisation, die besonders in den ersten Jahren der Nazi-Herrschaft viele Leute über sich ergehen lassen mussten. Auch viele LangenerInnen waren betroffen. Wir haben ihre Akten im Staatsarchiv in Darmstadt eingesehen. Vor dem Alten Rathaus wurde mit einer Stolperschwelle der 24 Frauen und 18 Männer gedacht, die „nicht die Norm der NS-Ideologie vom erbgesunden Menschen“ erfüllten.
Im November 2014 beendete die Initiative „Stolpersteine für Langen“ ihre Arbeit.
Alle bekannten Opfer der Nazis wurden mit einem Stolperstein bedacht.
Jedes Jahr im Frühjahr werden die Steine am „Steinputztag“ einer intensiven Reinigung unterzogen, damit sie wieder schön glänzen. Alle Interessierten sind dazu herzlich eingeladen.