Familie Jonas Schloß
Schloß, Jonas * 29.09.1865 Y 29.11.1935 Langen
Schloß, Frida, geb. Strauß * 18.10.1866 Y 08.08.1942 (Freitod)
Schloß, Jenny, verh. Blum * 09.04.1892 Y 10.06.1942 Majdanek
Schloß, Dora, verh. Heyum * 13.08.1893 Y 09.10.1944 Auschitz
Schloß, Jakob Ludwig * 11.12.1900 überlebt in Frankreich
Schloß, Meta * 18.01.1904 Y 02.03.1943 Riga
Jonas Schloß
* 29.09.1865 Y 29.11.1935 Langen
Jonas Schloß wurde am 29. September 1865 in Frankfurt am Main als Jona, Sohn des Jacov Aria, geboren.
Jonas muss schon in jungen Jahren geschäftlich aktiv gewesen sein. Im Langener Wochenblatt vom 09.06.1883 offerierte er Schuhe, Kleider und Stoffe für sein Geschäft in Frankfurt.
Was ihn nach Langen verschlug ist unbekannt. Fest steht, am 24.01.1882 kam er im Alter von 16 Jahren nach Langen, wo er seitdem wohnte. Sein Waren-Abzahlungsgeschäft betrieb er jedoch weiter in Frankfurt in der Neuen-Kräme 32.
Jonas Schloß und seine Frau Frida kauften 1889 das Haus Wilhelmstraße 1, wo er auch sein Geschäft betrieb; 1895 wohnten sie auch noch hier.
Am 16.08.1905 musste er für sein Geschäft S. Bing Nachf. Inh. Jonas Schloß, Alleininhaber, ein Konkursverfahren anmelden und gab das Geschäft am 14.07.1906 auf. Wovon die Familie in der Folgezeit lebte ist unbekannt. Allerdings scheinen sie nicht völlig mittellos gewesen zu sein, denn der Name Jonas Strauß erscheint als einer der Spender der israelitischen Religionsgemeinschaft für die Kriegsfürsorge-Sammlung vom August 1914. 1916 spendet er abermals für die Kriegsfürsorge.
1914 ist die Familie in der Wiesenstraße 4 gemeldet.
Laut dem Adressbuch der Stadt Langen von 1925 wohnte die Familie dann in der Schillerstraße 1. Auch für diese Zeit wissen wir nicht, womit Jonas Schloß seinen Unterhalt verdiente.
Von 1923 bis zu seinem Tode am 29.11.1935 gehörte Jonas Schloß gemeinsam mit Issak Markus und Julius Rossmann dem Vorstand der jüdischen Gemeinde an. 1927 wurde er erneut als Vorstandsmitglied der jüdischen Gemeinde bestätigt.
Am 29.11.1935 ist Jonas Schloß in Langen im Alter von 70 Jahren gestorben. Er ist auf dem Jüdischen Friedhof in Langen beerdigt. Es war die letzte Beerdigung, die auf diesem Friedhof durchgeführt wurde.
Frida Schloß, geb. Strauß
* 18.10.1866 Y 08.08.1942 (Freitod)
Am 17. Juni 1888 heiratete Jonas Frida Strauß und übernahm in Langen das Geschäft des Simon Bing. Seine Frau arbeitete im Geschäft mit und erhielt die Prokura.
Als Frida Strauß am 18. Oktober 1866 in der Entbindungsanstalt in Mainz das Licht der Welt erblickte, wurde sie als Elisabeth Schäfer in das Melderegister eingetragen. Wie kommt das?
Elisabeth Schäfer wurde als uneheliches Kind geboren. Ihre Mutter war die 21-jährige Dienstmagd Dorothea Elisabetha Schäfer aus Langen (* 11.08.1845); nach dem damaligen Recht bekam Elisabeth den Familiennamen der Mutter, also Schäfer.
Elisabeths Vater war der Metzger Wolf Strauß aus Langen. Der „Israelit“ Wolf und die „lutherische“ Dorothea heiraten und bemühen sich, ihr Kind als ehelich anerkennen zu lassen. Am 28.10.1872 erhielten sie vom Bürgermeister von Langen den Entscheid des Großherzoglichen Hofgerichts der Provinz Starkenburg: Ihre „außerehelich erzeugte Tochter“ erhielt die gleichen „Rechte eines ehelich geborenen Kindes“. Gleichzeitig wurde der sechsjährigen Elisabeth gestattet, statt des bisherigen den Namen Frida Strauß zu führen; sie darf in der jüdischen Religion erzogen werden und ist in den Judenmatrikeln einzutragen.
Aus dem unehelichen christlichen Kind Elisabeth Schäfer ist die Jüdin Frida Strauß geworden. Allerdings finden wir in späteren Schriftstücken auch die Schreibweise Frieda oder Feidal Strauß.
Über die nachfolgenden Lebensabschnitte von Frida wissen wir nichts. Erst als die 22-Jährige am 17. Juni 1888 Jonas Schloß heiratete und in seine Firma eintrat, erfahren wir wieder von ihr.
Vier Jahre später gebar sie ihr erstes Kind; diesem sollen bis 1912 noch vier weitere Kinder folgen. Wieder folgt eine Zeit ohne Informationen.
Am 1. September 1938, also noch vor der Pogromnacht, meldet sich Frida, die seit drei Jahren Witwe war, aus Langen ab und zog, wie so viele jüdische Bewohner, nach Frankfurt, wo sie in der Gaußstraße 30, Bornheim, eine Bleibe gefunden hatte. Knapp vier Jahre später, am 8. August 1942, nahm sie sich im Alter von 75 Jahren das Leben. Ihr Grabstein befindet sich auf dem Neuen Jüdischen Friedhof in der Eckenheimer Landstraße. Auf dem Namensfries der Gedenkstätte Neuer Börneplatz ist Frida allerdings nicht aufgeführt.
Jonas und Frida hatten fünf Kinder: Jenny, Dora, Selma, Jakob Ludwig und Meta.
Jenny Schloß
* 09.04.1892 Y 10.06.1942 Majdanek
Jenny Schloß wurde am 9. April 1892 in Langen geboren. Sie war mit Ferdinand Blum, einem Hilfsarbeiter aus Frankfurt, verheiratet. Am 01.09.1938 meldeten sich die beiden nach Frankfurt a.M., in die Gaußstraße 30 ab. Jenny Blum wurde durch die Gestapo am 10.06.1942 zusammen mit ihrem Ehemann in das Vernichtungslager Majdanek verschleppt und dort wahrscheinlich ermordet. Die Todesdaten sind nicht bekannt.
Selma Schloß, geboren am 25. November 1897 in Langen, starb am 17.07.1898 im Alter von 7 Monaten.
Dora Schloß, verh. Heyum
* 13.08.1893 Y 09.10.1944 Auschwitz
Dora Schloß geboren am 13. August 1893 in Langen, war seit ca. 1919 mit dem Direktor der „Ada-Ada-Schuhfabrik“ Julius Heyum verheiratet und lebte mit ihm in Frankfurt. Dieser starb 1936. Die 1920 in Frankfurt geborene Tochter Lotte Bella konnte 1938/39 vermutlich mit einem „Kindertransport“ in das britische Exil flüchten. Sie starb 30-jährig am 10. Mai 1950 in London. Lotte hinterließ zwei Kinder im Alter von vier und sieben Jahren.
Dora musste eine Zwangsleistung der „Judenvermögensabgabe“ in Höhe von 9.500 Reichsmark leisten. Das Vermögen von Dora Heyum unterlag einer „Sicherheitsanordnung“ der Devisenstelle vom 4. November 1940, die den monatlichen „Freibetrag“ auf 200 Reichsmark festsetzte, am 20. November 1940 auf 355 Reichsmark erhöhte, am 13. Februar 1941 auf 280 Reichsmark und am 13. Februar 1942 auf 150 Reichsmark reduzierte. Ihr Vermögen belief sich im November 1940 laut Devisenakten noch auf 7.562 Reichsmark.
Laut Devisenakten war Dora Heyum ab 3. Februar 1941 bei der Druckerei „August Osterrieth“ als Hilfsarbeiterin beschäftigt; vermutlich musste sie Zwangsarbeit leisten. Sie wohnte in Frankfurt erst in der Aystettstraße 5, anschließend bis 12. Juli 1939 in der Finkenhofstraße 20, danach in der Wolfsgangstraße 132/I, zuletzt wohnte sie in der Eschersheimer Landstraße 20.
Laut Verfügung vom 21. Oktober 1942 in den Devisenakten wurde das Vermögen von Dora Heyum zu Gunsten des Reiches eingezogen und entwertet.
Sie wurde am 15. September 1942 nach Theresienstadt deportiert und kam am 9. Oktober 1944 ins Vernichtungslager nach Auschwitz, wo sie wahrscheinlich auch starb.
Sie wurde am 31.12.1945 für tot erklärt.
Jakob Ludwig Schloß
* 11.12.1900 überlebt in Frankreich
Jakob Ludwig Schloß, Dr. rer. pol., Kaufmann, wurde am 11. Dezember 1900 in Langen geboren.
Er war im Stenografenverein und gewann am 02.01.1917 beim Stenografenverein Gabelsberger im „Adler“ über 80 Silben den 1. PreisEr wurde Dipl.-Kaufmann und lebte bis zum 08.05.1931 bei seinen Eltern. Danach zog er nach Frankfurt a.M. in den Ziegelhüttenweg.
Er konnte nach Frankreich flüchten, lebte dort in Paris 17c, 28 Boulevard des Barttignoles als Syndicus und arbeitete als Wirtschaftsberater. Er überlebte als einziger der Familie den Holocaust.
Meta Schloß
* 18.01.1904 Y 02.03.1943 Riga
Meta Schloß wurde am 18. Januar 1904 in Langen geboren.
Sie wurde Lehrerin und lehrte 1931 ein dreiviertel Jahr lang als Lehrer-Gehilfin in Egelsbach, dann bekam sie eine Stelle als Lehrerin in Sprendlingen.
Bis zum 04.05.1931 wohnte sie in Dreieichenhain. Für kurze Zeit kam sie zurück nach Langen in die Schillerstraße 1. 1932 nahm sie eine Stelle in Sprendlingen an und zog am 01.02.1932 nach Sprendlingen. Von dort ist sie am 15.04.1932 nach Mainz verzogen.
Am 03.08.1933 fand sie eine Stelle als Lehrerin in Wuppertal-Elberfeld. Schon am 04.12.1933 kehrte sie von Wuppertal-Elberfeld nach Langen in die Schillerstr. 1 zurück. Sie durfte nicht mehr als Lehrerin arbeiten und verdiente ihren Lebensunterhalt nun als Hausangestellte.
Am 31.10.1934 zog sie nach Frankfurt a.M. in den Mauerweg, in der Nähe des Bethmannparks, um dort als Hausangestellte zu arbeiten. Ihr letzter Wohnort war Bad Nauheim. Dort konnte sie an der jüdischen Bezirksschule wieder als Lehrerin arbeiten. Anschließend zog sie nach Ahlem bei Hannover, einer großen jüdischen Einrichtung, von wo sie am 2. März 1943 über Paderborn-Hannover-Erfurt-Dresden nach Auschwitz deportiert wurde. Später kam sie vermutlich nach Riga, wo sie wahrscheinlich ermordet wurde.
Weitere Informationen finden Sie im Buch “Vergessene Nachbarn – Juden in Langen ca.1704 bis 1938”, Verlag BoD Books on Demand, Norderstedt, 2019, ISBN: 978-3-7494-9722-5
268 (S. 299), 64, 123, 269