Familie Moritz und Siegfried Lazarus

Lazarus, Siegfried                                * 12.05.1875   Y 04.02.1944 Theresienstadt

Lazarus, Adele Jette, geb. Gombrich   * 04.11.1877   Y 06.02.1943 Theresienstadt

Lazarus, Rosa Erna                              * 13.03.1905   Y 20.05.1941 (Freitod)

Lazarus, Gertrud Fanny                        * 07.05.1906   Y Mai 1942 Sobibor

Lazarus, Stephan                                  * 25.08.1907   Y unbekannt

Lazarus, Moritz                                      * 06.02.1876   Y 15.06.1920 in Langen

Lazarus, Hilde, geb. Liffmann                * 28.09.1885   Y 25.11.1941 Kaunas

Lazarus, Adolf                                       * 24.05.1908   Y 14.06.1927 (Freitod)

Lazarus, Emy verh. Hirsch                    * 22.10.1914       überlebt in USA

Stolpersteine Rheinstraße 6

Verlege-Aktion 8. März 2007

Siegfried Lazarus

* 12.05.1875 Y 04.02.1944 Theresienstadt

Siegfried Lazarus wurde am 12. Mai 1875 in Langen als drittes Kind des Tricotwarenfabrikanten Moses und dessen Ehefrau Johanna, geborene May, geboren. Auch er wurde Fabrikant und Kaufmann.

Die Familie Lazarus war seit mindestens 1819 in Langen ansässig. Im gemeinsamen Haus Rheinstraße 6 unterhielten die Brüder Siegfried und Moritz ein „Weißtuchgeschäft“ (Bettwäsche).

Adele Jette Lazarus, geb. Gombrich

* 04.11.1877 Y 06.02.1943 Theresienstadt

Um 1905 heiratete Siegfried Lazarus die am am 4. November 1877 in Würzburg geborene Adele Jette Gombrich.

Das Ehepaar hatte drei Kinder, Rosa Erna, Gertrud Fanny und Stephan.

In der „Reichskristallnacht“ am 10. November 1938 zerstörten Mitglieder verschiedener NS-Organisationen die Synagoge in der Dieburger Straße. Danach zogen die Gewalttäter in einer Horde durch die Straßen der Stadt, drangen in die Häuser und Wohnungen jüdischer Bürger ein, demolierten die Wohnungseinrichtungen und misshandelten die Bewohner.

Der Textilkaufmann Siegfried Lazarus, seine Frau Adele und Sohn Stephan aus der Rheinstraße sowie der Altwarenhändler Jonas Bendheimer aus dem Leukertsweg und Isaak Morgenstern aus der Vierhäusergasse, mussten zusammen mit ihren Familien hilflos zusehen, wie die fanatisierte Menge ihre Wohnungen verwüstete und ihre Wäsche aus dem Fenster geworfen wurde.

Eine Woche später, am 15. November 1938 meldete sich die Familie Lazarus ab nach Frankfurt/M, Rotlintstraße 6. Ihr Haus „verkauften“ sie an Wilhelm Battenhausen. Dieser unterhielt seit 1935 einen Lebensmittelladen im Haus Lazarus. Schon im Juli 1938 hatte Battenhausen behauptet, Siegfrieds Schwägerin Hilda Lazarus habe ein (nach den Nürnberger Gesetzen verbotenes) Verhältnis mit dem (letzten verbliebenen) nichtjüdischen Mieter ihrer Pension.

Die Vorwürfe waren jedoch, wie der NSDAP-Ortsgruppenleiter in seinem Schreiben an den Kreisleiter selbst einräumte, vollkommen aus der Luft gegriffen. Der Lebensmittelhändler hatte wohl gehofft, mit dem Mittel der Denunziation das Geschäftshaus in seinen Besitz zu bringen, was bisher am Veto des Schwagers und Miteigentümers Siegfried Lazarus gescheitert war. Der Bürgermeister empfahl, trotz obiger Einschätzung, den Schwager einer „polizeilichen Behandlung“ zu unterziehen.

Am 16. September 1942 wurden Siegfried und Adele nach Theresienstadt deportiert. Adele starb dort am 6. Februar 1943, ihr Mann Siegfried ein Jahr später am 4. Februar 1944.

Rosa Erna Lazarus

* 13.03.1905 Y 20.05.1941 (Freitod)

Rosa Erna Lazarus wurde am 13. März 1905 in Langen in der Rheinstraße 6 als erstes Kind der Eheleute geboren. Sie meldete sich schon am 6. September 1938 in Langen ab und zog nach Frankfurt a.M., Niddastraße 6.

Die ledige Rosa Erna Lazarus schied am 20. Mai 1941 vermutlich aus Verzweiflung über die zunehmende Verfolgung durch Freitod aus dem Leben. Ihr Grab befindet sich auf dem Neuen Jüdischen Friedhof in Frankfurt, Eckenheimer Landstraße. Auf dem Namenfries der Gedenkstätte Neuer Börneplatz ist sie nicht aufgeführt.

Gertrud Fanny Lazarus

* 07.05.1906 Y Mai 1942 Sobibor

Gertrud Fanny wurde am 7. Juli 1906 geboren.

Sie lebte später (Mai 1939) in Bad Nauheim in der dortigen Jüdischen Bezirksschule in der Frankfurter Straße 103 (wo auch die Langenerin Meta Schloss als Lehrerin arbeitete). Nach Auflösung der Schule zog sie im Frühsommer 1939 nach Frankfurt. Von dort wurde sie im Mai oder Juni 1942 deportiert und vermutlich im Vernichtungslager Sobibor ermordet

Stephan Lazarus

* 25.08.1907 Y unbekannt

Stephan Lazarus, ebenfalls Kaufmann, wurde am 25. August 1907 geboren.

Noch im November 1938, nach dem Umzug der Familie Lazarus nach Frankfurt, wurde Stephan verhaftet und in das Konzentrationslager Buchenwald gebracht. Ein Vierteljahr später, am 15. Februar 1939, kam er wieder frei. Sein weiteres Schicksal ist unbekannt. Vermutlich wurde er nach Osteuropa verschleppt und dort ermordet.

Im Haus Rheinstraße 6 wohnte auch die Familie von Siegfrieds Bruder Moritz.

Moritz Lazarus

* 06.02.1876 Y 15.06.1920 in Langen

Moritz Lazarus wurde am 6. Februar 1876 in Langen als Sohn des Tricotwarenfabrikanten Moses Lazarus und dessen Ehefrau Johanna, geborene May, in der Rheinstraße 6 geboren.

Moritz heiratete um 1905 die am 28. September 1885 in Neuss geborene Hilda Liffmann. 

Die Familie wohnte zunächst bei den Eltern in der Rheinstraße 6. Seit 1910 war Moritz in der Obergasse 3 gemeldet, 1914 in der Bahnstraße 8. Später zog er  wieder zurück in sein Elternhaus in der Rheinstraße 6. Die Familie hatte zwei Kinder, Emy und Adolf.

Hilde Lazarus, geb. Liffmann

* 28.09.1885 Y 25.11.1941 Kaunas

Am 15. Juni 1920 starb Moritz Lazarus. Die Liegenschaft Rheinstraße 6 gehörte nun Hilda Lazarus anteilig. Seit 1926 vermietete sie in ihrer Wohnung möblierte Zimmer meistens an drei Untermieter.

Nach den Boykotten 1933 blieb nunmehr ein Mieter. 1935 gibt sie deshalb ihre Pension auf. Am 23. Mai 1938 erfolgt der Zwangsverkauf des Hausanteils an den Kaufmann Wilhelm Battenhausen.   

Am 29.08.1839 meldet sich Hilda Lazarus nach Frankfurt a.M., Mittelweg 46 ab.

Bei der dritten großen Deportation aus Frankfurt am 22.11.1941  wurde Hilda laut Deportationsliste nach Riga verschleppt, das bislang irrtümlich als Sterbeort galt und deshalb auch auf dem Namensfries der Gedenkstätte Neuer Börneplatz aufgeführt ist. Der Transport erreichte jedoch seinen ursprünglichen Bestimmungsort nicht und wurde wegen Überfüllung des dortigen Ghettos nach Kaunas (Littauen; auch als  Kowno bekannt) umgeleitet. Die aus Frankfurt Verschleppten, darunter wahrscheinlich auch Hilda Lazarus, wurden am 25. November 1941 ausnahmslos ermordet.

Emy Hirsch, geb. Lazarus

* 22.10.1914 überlebt in USA

Tochter Emy Lazarus wurde am 22.10.1914 geboren. Sie arbeitete als Verkäuferin und scheint in erster Ehe mit einem Herrn Weiß verheiratet gewesen zu sein.
Am 29.08.1938 meldete sie sich nach Frankfurt a.M., Mittelweg ab. Später gelang ihr die Flucht in das US-amerikanische Exil, wo sie offensichtlich noch mal heiratete. In den Entschädigungsakten wird sie mit dem Namen Emy Hirsch geführt.

Adolf Lazarus

* 24.05.1908 Y 14.06.1927 (Freitod)

Der Sohn Adolf war schon am 14. 6. 1927 in Neu-Isenburg durch Freitod aus dem Leben geschieden.
Langener Wochenblatt vom 14.6.1927:
“Ein schreckliches Unglück traf die Fam. Lazarus Wwe. hier. Heute Dienstag früh wurde auf der Bahnstrecke zwischen Neu-Isenburg und Buchschlag der 22 Jahre alte Sohn Adolf tot aufgefunden. Er war schrecklich verstümmelt. Der Kopf war vom Rumpf getrennt. Aus Aufzeichnungen geht hervor, daß der junge Mann infolge demnächstiger Arbeitslosigkeit freiwillig aus dem Leben geschieden ist. Als Todestag hat er den Todestag seines Vaters gewählt.”

Weitere Informationen finden Sie im Buch “Vergessene Nachbarn – Juden in Langen ca.1704 bis 1938”, Verlag BoD Books on Demand, Norderstedt, 2019, ISBN: 978-3-7494-9722-5

169 (S.214), 171 (S. 218)

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