Familien Markus und Berg
Markus, Isaak * 25.01.1864 überlebt in England
Markus, Martha, verh. Berg * 01.01.1894 Y 08.05.1945 (festgesetzt) Raasiku/EST
Markus, Bertha, verh. Speyer * 29.04.1896 Y 16.07.1943 Sobibor
Markus, Heinrich * 18.02.1906 überlebt in Großbritannien
Markus, Friedrich * 05.02.1908 überlebt in USA
Berg, Paul * 08.11.1892 Y 13.03.1942 Frankfurt
Berg, Hanna-Lore Karoline * 26.08.1931 Y 08.05.1942 (fg) Raasiku/EST
Isaak Markus
* 25.01.1864 überlebt in England
Isaak Markus wurde am 25. Januar 1864 in Messel geboren. Am 14.10.1895 zog er von dort nach Langen, wo er als Makler für Mobilien und Immobilien tätig war und zudem einen Hausierhandel mit Kaffee, Haushaltungsgegenständen, Putzmitteln und Fellen unterhielt. Im August 1918 wurde er vom Starkenburger Viehhandelsverband als Aufkäufer für Schlachtvieh bestellt.
Isaak Markus verdiente als Makler und Agent gut. Auch mit Fallobst hatte er ein gutes Geschäft. Im Herbst während der Erntezeit beschäftigte er zwei Tagelöhner. Er verdiente genug, um auch noch etwas Geld zu sparen.
Trotz seines hohen Alters (72 Jahre) betrieb er bis zum 25.05.1936 in Langen sein Gewerbe; dann musste er es abmelden, da er als Jude keine Möglichkeit mehr hatte, seinen Beruf auszuüben.
Während des 1. Weltkrieges unterstützte Isaak Markus seine Landsleute. Im Dezember 1916 spendete er neben anderen Juden Geld bei einer Haussammlung für die Kriegsfürsorge.
1927 wurde Isaak Markus für 3 Jahre in den Vorstand der israelitischen Gemeinde gewählt.
Isaak Markus zog am 16. Mai 1938 nach Frankfurt. Dort half ihm sein Gespartes zu überleben. Seine letzte Frankfurter Adresse war Sömmeringstraße 10. Er wurde laut Entschädigungsakte in Frankfurt von einem uniformierten Nationalsozialisten mutwillig mit einem Motorrad angefahren und musste wochenlang im Krankenhaus der Israelitischen Gemeinde behandelt werden. Der Sohn Heinrich (Henry), der damals noch in Berlin lebte, wollte sich um die Schadensersatzansprüche seines Vaters kümmern, wurde jedoch auf der Polizei angepöbelt und konnte niemanden haftpflichtig machen.
Im Juli 1939 wanderte Isaak Markus im Alter von 75 Jahren zu seinem Sohn Henry nach England aus. Am 14. Mai 1942 starb er als Staatenloser in Fulwood/Preston, GB.
In erster Ehe war er seit dem 17.12.1890 mit Kathinka, geborene Mannheimer, * 28.12.1867 in Gräfenhausen, verheiratet. Kathinka starb am 25.06.1901 in Langen im Alter von 34 Jahren.
Mit ihr hatte er drei Kinder, Elise, Martha und Bertha.
Elise, geboren am 29.01.1892 in Messel. Sie starb schon ein Jahr später, am 22.06.1893, in Darmstadt.
In zweiter Ehe heiratete Isaak Markus am 08.12.1901 Klara Ermann. Klara Ermann wurde am 18. Mai 1872 in Ossan bei Bernkastel geboren. Auch aus dieser Ehe gehen drei Kinder hervor, Selma, Heinrich und Friedrich.
Isaaks zweite Ehefrau Klara starb nach siebenjähriger Krankheit am 25.04.1928 in Frankfurt. Die Tochter Martha (aus 1. Ehe) führte dann den Haushalt ihres Vaters weiter bis zu dessen Auswanderung 1939.
Selma, geboren am 14. Juni 1903. Sie starb am 24. Februar 1905.
Heinrich (Henry), geboren am 18. Februar 1906. Er besuchte von 1913 bis 1921 in Langen die Realschule. Danach absolvierte er eine dreijährige Lehrzeit bei der Golo Schuhfabrik AG in Frankfurt a.M. Er wohnte ca. 1938 zeitweilig in Berlin. Anschließend wanderte er nach Preston, Lancester, Großbritannien aus. Er nahm die britische Staatsangehörigkeit an. 1962 bezeichnete er seinen Beruf als Fabrikant.
Friedrich (Fred), geboren am 5. Februar 1908. Er besuchte von 1915 bis 1923 in Langen die Realschule. Im November 1922 nahm er am Stenowettschreiben über 60 Silben teil und erschrieb sich neben Max Neu den 1. Preis.
Friedrich machte eine dreijährige Lehre bei der Firma I. & C. A. Schneider in Frankfurt/M. 1933 zog er von Langen nach Haiger und heiratete. Er emigrierte 1936 nach Rochester, New York, USA. Dort besaß er ein Haus und arbeitete als Kundenberater im größten Versandhaus Amerikas.
1974 besuchte Fred mit seiner Frau seine Heimatstadt Langen.
Martha Berg, geb. Markus
* 01.01.1894
Y 08.05.1945 (festgesetzt) Raasiku/EST
Martha Berg, geboren am 1. Januar 1894 in Messel. Martha war ab 1930 verheiratet mit Paul Berg. Sie führte wegen der Krankheit der Stiefmutter und nach deren Tod den Haushalt der Eltern beziehungsweise des Vaters. Marthas Mann, Paul Berg, war Invalide des Ersten Weltkriegs und verdiente sehr wenig. Die Kosten des Haushalts bestritt Isaak Markus ohne Schwierigkeiten mit. Martha und Paul Berg hatten ein Kind, Hannelore, geb. am 26.08.31.
Der Vater heiratete ein zweites Mal. Als auch die Stiefmutter erkrankte, führte Martha den Haushalt der Eltern weiter. Nach dem Tod der Stiefmutter im Jahre 1928 führte Martha den Haushalt des Vaters.
Martha wurde am 24. September 1942 zusammen mit ihrer elfjährigen Tochter Hanna-Lore aus Frankfurt „nach Osten” verschleppt und wahrscheinlich in den Dünen von Raasiku in Estland erschossen. Ihr Todesdatum wurde auf den 8. Mai 1945 festgesetzt.
Bertha Speyer, geb. Markus
* 29.04.1896
Y 16.07.1943 Sobibor
Bertha Speyer, geboren am 29. April 1896 in Langen. Bertha gelang zunächst mit Mann und Kind die Flucht in das niederländische Exil. Zuletzt waren sie in Utrecht ansässig. Berta wurde mit ihrem Ehemann Jakob Speyer und ihrem 16-jährigen Sohn Walther-Joseph am 16. Juli 1943 in das Vernichtungslager Sobibor deportiert und dort ermordet. Auch ihr Todesdatum wurde auf den 8. Mai 1945 festgesetzt.
Paul Berg
* 08.11.1892
Y 13.03.1942 Frankfurt
Paul Berg wurde am 8. November 1892 in Essen geboren. Er war kaufmännischer Angestellter. In Folge einer Verletzung im 1. Weltkrieg war Paul Berg Invalide und hatte nur ein sehr geringes Einkommen. Die Kosten seines Haushalt übernahm zum größten Teil sein Schwiegervater Isaak Markus.
In Langen heiratete er am 4. November 1930 Martha Markus. Die Familie wohnte gemeinsam mit Marthas Vater Isaak Markus in der Friedhofstraße 17 in Langen.
Martha Markus wurde am 01.01.1894 in Messel als Tochter des Kaufmanns Isaak Markus geboren. Die Mutter Kathinka Markus, geb. Mannheimer, starb 1901.
Im Zusammenhang mit dem November-Pogrom 1938 wurde die Wohnung von Martha und Paul Berg in Langen komplett zerstört und geplündert. Daraufhin entschloss sich die Familie, nach Frankfurt zu ziehen. Am 14.11.1938 meldeten sie sich nach Frankfurt a.M. in die Ingolstädter Str. 9 ab. Die letzte Frankfurter Adresse war Fichtestraße 8.
Von Mitte 1939 bis mindestens August 1940 lag Paul (Israel) Berg im Rothschildschen Krankenhaus am Röderbergweg.
Auf Grund der Sicherungsanordnung vom 13. August 1940 durfte die Familie von ihren Ersparnissen nur noch über 200 RM monatlich verfügen.
Die Sicherungsanordnung (§ 37a des Devisengesetzes vom 01.12.1936) konnten Zollfahnder bei Verdacht einer geplanten Auswanderung erlassen. Die Betroffenen konnten nun nicht mehr frei über ihr Vermögen verfügen. Ab 1939 wurden die Vermögen von Juden „automatisch gesichert“.
Am 13. März 1942 starb Paul Berg. Das Grab befindet sich auf dem Neuen Jüdischen Friedhof in der Eckenheimer Landstraße in Frankfurt.
Hanna-Lore Karoline Berg
* 26.08.1931
Y 08.05.1942 (festgesetzt) Raasiku/EST
Am 26.08.1931 wurde die Tochter Hanna-Lore Karoline in Langen geboren.
Hannelore Berg wurde am 24. September 1942 im Alter von elf Jahren zusammen mit ihrer Mutter „nach Osten“ verschleppt und wahrscheinlich in den Dünen von Raasiku in Estland erschossen. Beider Todestag wurde auf den 8. Mai 1945 festgelegt.
Weitere Informationen finden Sie im Buch “Vergessene Nachbarn – Juden in Langen ca.1704 bis 1938”, Verlag BoD Books on Demand, Norderstedt, 2019, ISBN: 978-3-7494-9722-5
190 (S. 229), 53 (S. 135)