Familie Simon

Simon, Adolf * 13.02.1875  Y 09.06.1927 Langen

Simon, Karoline * 05.04.1879 überlebt in USA

Simon, Georg * 14.09.1905 überlebt in USA

Simon, Karl Meyer * 04.02.1907 überlebt in USA

Stolpersteine Darmstädter Straße 6

Verlege-Aktion Mittwoch, 7. November 2007

Adolf Simon

* 13.02.1875 Y 09.06.1927 Langen

Adolf Simon wurde am 13. Februar 1875 in Langen geboren. Er erlernte den Beruf des Schuhmachers und legte auch seine Meisterprüfung ab.

Der herzkranke Adolf Simon starb nach mehreren Krankenhausaufenthalten am 9. Juni 1927 in Langen. In einer Traueranzeige im Langener Wochenblatt heißt es:

„Gestern verschied nach längerem Leiden der Inhaber der allbekannten Firma Ferd. Simon, Herr Adolf Simon im Alter von 52 Jahren. Der so früh aus dem Leben Geschiedene war eine hier allgemein geachtete und beliebte Persönlichkeit. Sein Tod, der in seiner Familie eine gewaltige Lücke gerissen, wird tief bedauert.“

Karoline Simon

* 05.04.1879 überlebt in USA

Adolf heiratete am 8. November 1903 Karoline Freimark, geboren am 5. April 1879 in Bindsachsen bei Büdingen. Karoline, genannt Lina, besuchte von 1885 bis 1893 in Büdingen die Volksschule. Nach ihrer Heirat arbeitete sie im Geschäft ihres Ehemannes mit.

Die beiden hatten zwei Söhne, Georg und Karl Meyer.

Georg Simon

* 14.09.1905 überlebt in USA

Georg Simon besuchte von 1912 bis 1918 die Realschule in Langen, danach vier Jahre das Darmstädter Pädagogium. Anschließend ging er ein Jahr lang in die Handelsschule in Frankfurt. Im Jahr 1923 begann er eine Kaufmännische Lehre in der Schuhfabrik R. & W. Nathan in Frankfurt. Hier lernte er zwei Jahre lang. Von 1925 bis 1927 war er als Reisender tätig. Als der Vater starb, trat er 1927 als Teilhaber in das väterliche Geschäft ein.

1935 heiratete er Gertrude Adler aus Limburg/Lahn und betrieb mit seiner Frau und deren Mutter in Limburg ein Geschäft. Doch schon bald nach der Hochzeit mussten sie ihr Geschäft aufgeben und zogen nach Frankfurt.

Karl Meyer Simon

* 04.02.1907 überlebt in USA

Karl Meyer Simon machte eine kaufmännische Lehre. Karl war der einzige Musikausübende in der Familie. Er spielte auf einem Klavier, das sein Vater im Jahr 1925 gekauft hatte.

Beide Söhne waren aktiv in der Sozialdemokratischen Partei.

Die Firma Ferdinand Simon wurde 1870 von Ferdinand Simon gegründet. Die bis dahin nicht eingetragene Firma: „Schuhwarenhandlung Kaufmann Ferdinand Simon und Kaufmann Adolf Simon“ wird ab 01.08.1902 zur oHG. 1910 starb Ferdinand Simon, und sein Sohn Adolf führte die Firma bis zu seinem Tode im Jahr 1926 weiter. Die Firma ging dann an dessen Söhne Georg und Karl Meyer Simon über, die sie bis 1933 führten.
Georg und Karl und ihre Mutter waren jeweils zu einem Drittel handelsgerichtlich als Inhaber des Schuh- und Ledergeschäftes eingetragen. Das Geschäft ging gut; das Durchschnitts-Jahreseinkommen wurde später auf mindestens 10.000 RM geschätzt.
Doch 1933 mussten die Simons das Geschäft verkaufen, „weil durch nazistische Aktionen unser Leben in Gefahr war“ (Karoline Simon 1954 im Entschädigungsverfahren).

Georg und Karl waren nicht nur als Juden sondern auch als Sozialdemokraten im Visier der Nazis. Am 6. März 1933 (am Tag nach der Reichstagswahl, die den Nazis zwar Stimmverluste, aber trotzdem eine Mehrheit brachte) waren sowohl in Neu-Isenburg als auch in Langen Anhänger der SPD und der KPD verhaftet und misshandelt worden, wobei der Schlägertrupp in Neu-Isenburg von SA-Männern aus Langen kommandiert wurde, die Gewalttätigkeiten gegen Langener NS-Gegner von SA- und SS-Männern aus Neu-Isenburg verübt wurden.

An diesem 6. März 1933 hatte man schon früh morgens die Mutter von Karl und Georg in ihrem Geschäft blutig geschlagen und die beiden Söhne unter Androhung von Schlägen ins Gefängnis eingesperrt. Noch am selben Abend kamen sie beide – nach Intervention des Oberamtsrichters – frei und konnten nach Hause gehen. Abends wurde Georg erneut von mehreren Personen zusammengeschlagen. „Am nächsten Tag ging ich zum damaligen Bürgermeister Zimmer und erzählte ihm die Vorgänge des vorhergehenden Tages und bat ihn um Schutz. Er konnte mir aber keinen Schutz und Beistand gewähren, weil er selbst sich vor den Hitler-Leuten nicht schützen konnte und wie er sagte, selbst Angst um sein Leben haben müsse.“ (Georg Simon, 1956)

In der Nacht vom 12. auf den 13. März 1933 wurde die Familie erneut aus dem Schlaf geweckt. Vor dem Haus standen 40 bis 50 Leute, die schließlich ins Haus einbrachen und die beiden Brüder zusammenschlugen und aufforderten mitzugehen. Noch im Nachthemd brachte man sie erneut ins Gefängnis im Rathaus. Zuerst wurde Karl misshandelt und schließlich bewusstlos zurück in eine Zelle gebracht. Danach wurde Georg verhört, geschlagen, bespuckt und mit Erschießen bedroht. Bewusstlos kam auch er zurück in den Keller. Schließlich mussten sie unterschreiben, dass ihnen nichts passiert sei und dass sie Langen sobald wie möglich verlassen würden. Dann wurden sie nach Hause geschickt. Der Hausarzt Dr. Horn schickte die beiden sofort ins Krankenhaus zur Behandlung, wo sie vier bis fünf Tage behandelt wurden. Karoline Simon sagte später in der Entschädigungsakte aus: „Wir konnten uns in Langen nicht mehr sehen lassen.

Die beiden wurden wiederholt verhaftet, misshandelt und für einige Wochen in ein Konzentrationslager gebracht. Bei ihrer Einlieferung in das Konzentrationslager konnten sie infolge der plötzlichen Verhaftung weder einen Mantel noch sonstige persönliche Gegenstände mitnehmen. Auch nach ihrer Entlassung holten sie keine persönlichen Gegenstände aus ihrer Langener Wohnung, da sie bei einer Rückkehr nach Langen um ihr Leben fürchten mussten.
Karl Simon sagte in seinem Antrag auf Entschädigung: „Ich konnte aber nicht mehr nach Langen zurückkehren, weil schwere Drohungen gegen mich ausgesprochen waren und ich für mein Leben hätte fürchten müßen, wenn ich mich in Langen nochmals hätte sehen lassen.

Karl flüchtete nach Frankfurt in die Schäfergasse, wo er bis zum 8. November 1933 lebte. „Karl soll im April 1933 nochmals erschienen sein, um seine Mutter zu besuchen. Bei der Gelegenheit ist er wohl in Schutzhaft genommen worden.“ (Zeuge Wilhelm Daum, Justizsekretär, 1951 im Rückerstattungsprozess). Karl ging anschließend nach Paris, bis er von dort aus im März 1939 nach New York emigrierte.

Karoline Simon flüchtete erst zu Verwandten nach Nierstein und meldete sich dann mit Sohn Georg am 18.07.1933 nach Frankfurt, Gutleutstraße 14, ab. Hier lebte sie ohne Einkommen von dem, was sie beim Zwangsverkauf des Geschäftes erhalten hatte.

Georg und seine Ehefrau Gertrud wanderten im Dezember 1937 auf dem Schiff „Pres. Harding“ nach New York aus. Sie kamen am 1. Januar 1938 in New York an. Georg verdiente seinen Lebensunterhalt als Geschirrwäscher, Reiniger und Kehrer während der Jahre 1938 bis 1940. 1941 besuchte er eine Kochschule und arbeitete gleichzeitig als Hilfsarbeiter in einem Restaurant zur Unterstützung des Koches. Ab 1943 arbeitete er als Taxifahrer.

Im März 1939 flüchtete auch Karoline von Frankfurt über Hamburg mit dem Schiff „Manhattan“ der United States Lines nach New York. Sie war erwerbslos und lebte von der Unterstützung ihrer Kinder Karl und Georg.

Im Mai 1954 stellte sie – als 75jährige – Ansprüche auf Entschädigung.

Georg Simon starb am 23. Februar 1973 in Manhattan.

Weitere Informationen finden Sie im Buch “Vergessene Nachbarn – Juden in Langen ca.1704 bis 1938”, Verlag BoD Books on Demand, Norderstedt, 2019, ISBN: 978-3-7494-9722-5

288 (S. 321)

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