Wohn- und Geschäftshaus
der Familie Schiff
Rheinstraße 38

Anzeige von Anton Schiff im Langener Wochenblatt 1933
Der Schuhladen von Anton Schiff in der Rheinstraße 38.
Das Bild zeigt das Geschäft seines Nachfolgers 1950.

Hier wohnte Schuhmachermeister Anton Schiff mit seiner Familie. In Folge der Boykottaufrufe der Nazis musste er im Mai 1936 sein Schuhgeschäft aufgeben, das er hier 35 Jahre lang erfolgreich betrieben hatte. Das Geschäft wurde mit großem Verlust verkauft und „arisiert“.
Anton Schiff zog nach Frankfurt. Seine Versuche, dort ein neues Schuhgeschäft aufzubauen, waren wenig erfolgreich; 1938, in der sog. „Reichskristallnacht“, wurde auch sein Geschäft demoliert. Im November 1941 wurden Anton und seine Frau Selma deportiert und in Kowno (Litauen) ermordet.
Ihr Sohn Alfred konnte 1939 noch vor Kriegsbeginn in die USA emigrieren und so überleben. 1983 besuchte er auf Einladung der Stadt Langen seine ehemalige Heimat, die er 31-jährig verlassen musste.

Rätselhaft war der frühe Tod seiner Zwillingsschwester Johanna, die 1941 aus unbekannten Gründen in Frankfurt verstorben sein soll. Inzwischen wissen wir: Johanna litt – nach der Machtergreifung der Nazis – an Angstzuständen und war deshalb in ärztlicher Behandlung. So geriet sie ins Blickfeld der Nazis. 1934 hat man sie zwangssterilisiert. Später wurde sie wieder in eine „Heilanstalt“ eingewiesen, mehrfach verlegt und schließlich in der Tötungsanstalt Brandenburg im Rahmen des „Euthanasie“-Programms mit Gas ermordet.

Ehem. Wohnhaus von
NSDAP-Ortsgruppenleiter Alfred Beck
Rheinstraße 37

"Tauben Beck" (Bild-Mitte) 1928 im Kreis des Vorstandes des Taubenvereins. Beck war der 1. Leiter der 1930 gegründeten NSDAP-Ortsgruppe.

Im Haus gegenüber wohnte Alfred Beck, der hier im Ort nur Tauben-Beck genannt wurde, wegen seines Hobbys, der Taubenzüchterei. Beck gründete im Januar 1930 zusammen mit sechs weiteren Personen die Langener Ortsgruppe der NSDAP und war lange Zeit deren Vorsitzender.
Welchen Beruf Beck ausübte wissen wir nicht. Aber nach der „Machtergreifung“ wurde der damals 55-jährige NSDAP-Ortsgruppenleiter zum kommissarischen Bürgermeister von Egelsbach ernannt, nachdem er vorher dafür gesorgt hatte, dass Bürgermeister Anthes und andere abgesetzt und verhaftet worden waren. Lange hat er dieses Amt nicht ausgeübt; schon im August 1933 musste er es wieder abgeben, als bekannt wurde, dass er einen Faselstier an den jüdischen Viehhändler Moses Reis aus Egelsbach verkauft und damit den Boykott-Aufruf seiner Partei hintergangen hatte.
Danach war er zeitweise Bürgermeister in der damals noch selbstständigen Gemeinde Zeppelinheim. Dabei ließ er sich Gehaltsabschläge in einer Höhe vorauszahlen, die ihm nach der Gesamtvergütung gar nicht zustanden. Als auch noch bekannt wurde, dass er als Langener Ortsgruppenleiter Mitgliedsbeiträge der NSDAP zeitweilig unterschlagen hatte, wurde ein parteiinternes Disziplinarverfahren gegen ihn angestrengt: Ihm wurde eine Verwarnung ausgesprochen und er durfte ein Jahr lang kein Parteiamt bekleiden. Dabei hob das Parteigericht hervor, dass ihn seine Verdienste um die Gründung der Langener Ortsgruppe vor einem Parteiausschluss bewahrt hätten.

Nachdem die Sperrfrist abgelaufen war, wurde Beck schnell wieder mit Leitungsaufgaben betraut. Nach Kriegsbeginn, als sich sein Nachfolger Willi Barth freiwillig zum Wehrdienst an die Front gemeldet hatte, war er faktisch wieder Ortsgruppenleiter in Langen.

Nach dem Krieg verschwand Beck aus Langen. Er setzte sich nach Hemer in Westfalen ab.