Familie Martin Moritz Kahn

Kahn, Martin Moritz                                    * 07.07.1880    überlebt in Palästina

Kahn, Bella Paula, geb. Jacobi                  * 26.05.1882    überlebt in Palästina

Kahn, Regina Hilda, verh. Pick                  * 30.05.1908    überlebt in Palästina

Kahn, Berthold                                           * 23.09.1909    überlebt in Palästina

Kahn, Sofie Elisabeth, verh. Waldmann    * 01.11.1910     überlebt in Palästina

Kahn, Alma Jeane Irene                            * 10.09.1912    überlebt in Palästina

Stolpersteine Fahrgasse 23

Verlege-Aktion 7. November 2007

Martin Moritz Kahn

* 07.07.1880 überlebt in Palästina

Martin Moritz Kahn wurde am 7. Juli 1880 in Egelsbach geboren. Die Eltern waren Hermann Kahn I. und seine Ehefrau Henriette geborene Löwenstein. 1907 zog die Familie nach Langen in die Fahrgasse 23, wo der Vater Hermann das Warenhaus Bauer übernahm.

Das Warenhaus wurde (1861 oder früher) von Leopold Bauer gegründet. Dessen Schwiegersohn Siegfried Metzger führte es bis 1907 weiter. Schon nach einem Jahr, am 10.08.1908, übernahm Moritz Kahn das Kaufhaus von seinem Vater. Am 16.09.1932 konnte Moritz Kahn 25-jähriges Firmenjubiläum feiern.

Nach seiner Lehre bei der Firma S. Mayerfeld in Frankfurt a.M. war Martin Moritz zwei Jahre bei der Frankfurter Wäschefabrik M. Strauss und später sechs Jahre bei der Fa. Rosenbach & Co., Textil en gros als kaufmännischer Angestellter tätig. Anschließend kam er in das elterliche Geschäft in Langen. Als einer von wenigen in Langen besaß Martin Moritz Kahn schon 1929 ein 14 PS starkes Automobil.

Bella Paula Kahn, geb. Jacobi

* 26.05.1882 überlebt in Palästina

Bella Paula Jacobi, Tochter des Bernhard Jacobi I. und seiner Ehefrau Sara, geborene Schott.

Am 20. August 1907 heiratete Martin Moritz in Eich die am 26. Mai 1882 in Lorsch geborene Bella Paula.

Sie hatten vier Kinder, Regina-Hilda, Berthold, Sofie Elisabeth und Alma Jeane Irene.

Ende 1934 musste Moritz Kahn sein bis zur Nazi-Herrschaft florierendes Warenhaus schließen.

Nach dem Aufkommen des Naziregimes konnte ich mein bis dahin sehr gut gehendes Geschäft unter dem Druck der Nazis nicht mehr aufrechterhalten. Insbesondere wurden meine Kunden von Beamten des gegenüberliegenden Finanzamtes scharf beobachtet, verhöhnt und belästigt. So mußte ich schließlich dem Druck nachgeben und habe Ende 1934 mein Wohn- und Geschäftshaus in Langen mit Verlust verkauft“. Das Kaufhaus Kahn wurde am 4. Januar 1935 durch Emil Schmitt wieder eröffnet.

Im Sommer 1935 emigrierte die Familie nach Palästina, wo ihr Sohn Berthold seit Juli 1933 lebte. Auch die Töchter Sofie Elisabeth und Alma Jeane Irene waren seit Mai 1935 hier. In einer Zeitungsannonce verabschiedete sich Moritz am 26. Juli 1935 von den Freunden und Bekannten.

„Bei unserem Wegzuge von hier rufen wir allen lieben Freunden und Bekannten, sowie unseren verehrlichen früheren Kunden herzliches Lebewohl zu, gleichzeitig mit dem Wunsche für eine glückliche Zukunft.“

Diese Annonce führte zu massiven Ausschreitungen gegen den Verleger des „Langener Wochenblatts“ (Frankfurter Straße 11).

Zuletzt lebte Moritz Kahn in Ramat Gan, Israel. Sein Sohn Berthold lebte in dem nordisraelischen Dorf Regba, dessen Einwohner gemeinschaftlich Landwirtschaft betrieben.

In Palästina hatte er zuerst überhaupt keine Erwerbsmöglichkeit, hauptsächlich weil er die Landessprache nicht beherrschte. Auf Anraten von Bekannten übernahm er einen Kuhstall. Doch bald darauf erkrankten die Kühe und er musste sie abschlachten. So führte er jahrelang einen schweren Existenzkampf und war auf die Hilfe seiner Kinder angewiesen.

1949 wendete sich der damalige Bürgermeister Wilhelm Umbach in einem Brief an Moritz Kahn, um eine Verzichtserklärung für den nachfolgenden Eigentümer des Anwesens der Familie Kahn einzufordern, damit dieser „bei den Recherchen unbehelligt bleibt“. Wilhelm Umbach machte Martin Moritz Kahn ausdrücklich darauf aufmerksam, dass er sein Anwesen nach mehreren Verhandlungen „wenn auch in großer Not, immerhin freiwillig an Herrn Schmitt“ verkauft habe (Brief von Wilhelm Umbach an Moritz Kahn, 18. Juni 1949).

Vier Wochen später schien Moritz Kahn die Verzichtserklärung abgegeben zu haben.

Am 14. April 1960 starb Martin Moritz Kahn in Tel-Aviv.

Regina Hilda Kahn geboren am 3. Mai 1908 in Langen.

Am 20. Januar 1933 heiratete sie Alfred Pick. Sie meldete sich 1935 nach Frankfurt a.M., Sternstraße 13 ab, am 31.05.1935 wanderte sie nach Palästina aus. 1965 wohnte sie in Givatim, Modi`instr. 14.

Berthold Kahn geboren am 23. September 1909 in Langen.

Bereits am 15. Juli 1933 verließ Berthold Kahn Langen und emigrierte nach Palästina. Das Schlüsselerlebnis, das Berthold Kahn zur Auswanderung bewog, war ein Aufmarsch im Darmstädter Bahnhof, bei dem SA-Männer das Lied „SA marschiert“ sangen. Tief erschüttert hörte Berthold Kahn die von Brutalität und Judenhass durchdrungenen Verse, die den Sängern so leicht über die Lippen gingen. (Beiträge zur Stadtgeschichte, S. 190)

Seine Eltern und die drei Geschwister folgten Berthold im Sommer 1935 nach Palästina.

1965 war Berthold Mitglied des gemeinschaftlich bewirtschafteten Dorfes Regba bei Naharia.

Sofie Elisabeth Kahn geboren am 1. November 1910 in Langen. Auch Sofie wanderte mit den Eltern und Geschwistern nach Palästina aus. Nach ihrer Heirat 1965 trug sie den Namen Waldmann. Sie war Hausfrau und wohnte in Herzliah, Sokolowstr. 49.

Alma Jeane Irene Kahn geboren am 10. September 1912 in Langen. Mit neunzehn Jahren machte Irene sich im Stenoverein 1897 einen Namen. Im Mai 1931 erhielt sie beim Bezirkstag Kurzschrift in Langen den 1. Preis über 80 Silben. Im September erzielte sie bei 19 Teilnehmern über 100 Silben ebenfalls den 1. Preis sowie einen Ehrenpreis.

Alma wanderte mit den Eltern und Geschwistern nach Palästina aus. 1965 war sie eine verheiratete Nußbaum, ebenfalls Hausfrau, wohnhaft in der Yahalomstr. 9, Ramat Gan.

Weitere Informationen finden Sie im Buch “Vergessene Nachbarn – Juden in Langen ca.1704 bis 1938”, Verlag BoD Books on Demand, Norderstedt, 2019, ISBN: 978-3-7494-9722-5

147 (S. 197)

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